Das typische Verzetteln

Das typische Verzetteln

Im Januar 2024 habe ich den Plan gefasst, ein Buch über meine ADHS-Geschichte zu schreiben. Immerhin hatte ich zu diesem Zeitpunkt mehrere Monate meine Diagnose (endlich!) und angefangen, mich intensiv mit diesem jahrelangen Chaos im Kopf zu beschäftigen, das mich einerseits sehr produktiv sein lässt, andererseits mein Hirn so herumrasen lässt, dass ich von den vielen Erledigungen und Termine zu viel vergesse und mich zwischen all meinen Vorhaben zu sehr verzettele.

Also habe ich angefangen, mir eine Struktur für das Buch zu überlegen. Ich hatte zwar im letzten Jahr schon viel zu ADHS gelesen, aber danach auch wieder weggeklickt oder das in der Bücherei ausgeliehene Buch war zurück.

Also habe ich nochmal mit der Recherche begonnen und mir dann auch Notizen gemacht. Aber fand ich vor allem diese tiefwissenschaftlichen Infos sehr öde und ich fragte mich, ob es nun wirklich wichtig wäre für mein Buch, wenn Forscher ABD sagt, die Zahl der Erwachsenen mit ADHS liege wohl bei (z.B.) 3 Prozent, während Forscher XYZ meint, wegen der unentdeckten Fälle würde die Zahl eher bei mindestens 5 Prozent liegen. Diese Zahlen sind ja nur die Spitze des Eisbergs, wenn man sich richtig hineinvertieft, bekommt man für alle möglichen Relationen ganz unterschiedliche Zahlen und dann müsste man sich – um es wirklich akribisch und genau zu machen – dann hinsetzen und für die Leserschaft genau auseinandertüfteln, bei welcher Studie welches Ergebnis rausgekommen ist.

Ob die Leserschaft des Buches wirklich so detailversessen ist, dass sie die ganzen unterschiedlichen Zahlen haben wollen? Ich habe meine Zweifel bekommen und dann ließ auch mein Schwung nach. Und plötzlich kam mir in den Sinn, dass ich ja schon längere Zeit gern die fast vergessenen Werke bereits verstorbener Schriftstellerinnen in Erinnerung rufen würde. Also habe ich ADHS-Buch liegenlassen und mich einer Schriftstellerin zugewandt und angefangen, den ersten Band einer Trilogie zu übersetzen. Als ich so gut wie durch war, bin ich auf drei Märchenbücher einer anderen Schriftstellerin aufmerksam geworden, nach den ersten zwei oder drei Märchen in dieser Sammlung war ich so tief berührt davon, dass es für mich kein Halten gab, das musste jetzt als allererstes gemacht werden. Damit war ich dann den Februar über bis in den März beschäftigt. Und dann fiel mir noch ein anderes Buch in die Hände. Und plötzlich habe ich gemerkt, dass ich mich total verliere in die engliche Literatur des letzten Jahrhunderts. Dabei wäre doch das ADHS-Buch eigentlich das, was mir persönlich auch so wichtig wäre.

Also habe ich jetzt im März alle anderen Buchprojekte beiseite gelegt und werde mich erst dann wiederum darum kümmern (soweit funktioniert meine Selbstkontrolle oder Selbstregulation dann doch noch), wenn mein ADHS-Buch endlich fertig sein wird. Vorher zwinge ich mich eben dazu, keine weiteren Umwege zu nehmen.

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